Die Welt des Miteinanders erkunden
Gesellschaftliche Strukturen und Prozesse prägen unser tägliches Zusammenleben und sind tief in unseren alltäglichen Interaktionen verwurzelt. Im Fachbereich Natur, Mensch, Gesellschaft nach Lehrplan 21 nehmen unter anderem Themen wie soziales Miteinander, kulturelle Vielfalt, ökonomische Prinzipien und Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle ein. Doch wie können wir Kindern im Zyklus 1 diese komplexen Inhalte verständlich vermitteln? Wie können wir ihnen helfen, ihre Rolle in der Gemeinschaft zu verstehen und zu schätzen?
Im abschliessenden Teil unserer Blogserie über erlebnisorientiertes Lernen widmen wir uns intensiv dem gesellschaftlichen Zusammenleben. Entdecken Sie mit uns kreative und praxisnahe Methoden, um verschiedene gesellschaftliche Aspekte des Lehrplans lebendig und erfahrungsreich zugestalten.
Wir fördern Kinder. Durch Entdecken und Erleben.
Die Vielfalt der Arbeitswelt entdecken
Die Arbeitswelt ist so bunt und vielfältig wie das Leben selbst und bietet faszinierende Möglichkeiten, ein breites Spektrum beruflicher Aufgabenfelder zu erkunden. Durch das Erkunden verschiedener Berufe zeigen wir den Kindern, wie Menschen in der Gesellschaft miteinander interagieren und voneinander abhängig sind. Dies gibt ihnen auch die Chance, ihre eigenen Talente und Vorlieben zu entdecken.
RollenspielRollenspiel: Berufe in unserer Gemeinde
Kinder kommen tagtäglich mit den verschiedensten Berufen in Berührung, oft ohne es bewusst wahrzunehmen – beim Einkauf mit den Eltern, in der Schule, im Restaurant oder bei Arztbesuchen. Indem wir sie aktiv dazu ermutigen, die Arbeitswelt ihrer Gemeinde zu erkunden, schärfen wir ihren Blick für ihre soziale Umgebung und fördern das Verständnis für die Vielfalt und Bedeutung von Arbeit.
Vorbereitung: Sammeln Sie zunächst in einem Brainstorming eine Liste von Berufen, die die Kinder aus ihrer Gemeinde kennen. Besprechen Sie gemeinsam, welche Tätigkeiten die verschiedenen Berufsleute ausführen und welche Arbeitsgeräte sie dazu benötigen. Dies kann durch Bilder, kurze Videos oder Erzählungen unterstützt werden, um den Kindern einen realistischeren Einblick in jeden Beruf zu geben. Ergänzen Sie wichtige Berufe, die möglicherweise von den Kindern übersehen wurden.
Rollenspiel: Nachdem eine Vielfalt an Berufen zusammengetragen wurde, können die Kinder im Klassenzimmer ihre eigene kleine Gemeinde aufbauen. Jedem Kind wird ein Beruf zugewiesen, den es im Spiel darstellt. In dieser simulierten Gemeinde erleben die Kinder hautnah die unterschiedlichen Tätigkeiten und erkennen die Bedeutung jedes Berufs für das Wohl der Gemeinschaft.
Diskussionen: Diese Aktivität bietet eine hervorragende Grundlage für Diskussionen darüber, warum Menschen arbeiten und wie jeder Beruf zur Gemeinschaft beiträgt. Kinder können so ein Verständnis dafür entwickeln, dass jede Arbeit wertvoll ist und jeder Einzelne zur Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft beiträgt.
- Reflexion: Das Rollenspiel bietet Kindern die Gelegenheit, sich mit verschiedenen Berufen auseinanderzusetzen und über ihre eigenen Zukunftswünsche nachzudenken. Es ermutigt sie, über ihre eigenen Stärken und Interessen nachzudenken und fördert erste Vorstellungen von ihrer möglichen beruflichen Zukunft.
Berufe entdecken
Die Wirtschaft spielerisch verstehen
Unsere Gesellschaft wird massgeblich von Wirtschaft, Handel und Konsum geprägt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Geld und den grundlegenden Wirtschaftsprinzipien ist für Kinder ein wichtiger Schritt, um die Welt um sie herum besser zu verstehen. Ziel ist es, ihnen auf altersgerechte Weise zu vermitteln, wie Geld in unserer Gesellschaft funktioniert und welchen Einfluss wirtschaftliche Vorgänge auf den Alltag haben.
KaufladenZnüni-Tauschhandel
Um Kindern die Grundprinzipien der Wirtschaft näherzubringen, können Sie ein einfaches Tauschspiel organisieren, zum Beispiel mit dem Znüni. Durch den Tauschprozess erleben die Kinder hautnah, wie subjektiv der Wert einer Ware sein kann, wie durch Angebot und Nachfrage Entscheidungen getroffen werden und wie unterschiedlich die Bedürfnisse und Wünsche innerhalb ihrer Gruppe sind.
Vorbereitung: Informieren Sie die Kinder im Voraus über das Tauschhandel-Spiel und bitten Sie sie, ein Znüni mitzubringen, das aus zwei bis drei verschiedenen (gesunden) Lebensmitteln besteht.
Tauschprozess: Teilen Sie die Klasse in kleinere Gruppen auf. Zunächst bekommt jedes Kind die Gelegenheit, sein Znüni in der Runde vorzustellen und anzupreisen. Nachdem die Gruppe alle vorhandenen Waren kennt, dürfen sie diese frei untereinander tauschen. Dabei lernen die Kinder, wie man verhandelt und Kompromisse findet. Sie bemerken, dass der Wert einer Ware nicht fest ist, sondern sich je nach Situation und Perspektive ändern kann. Sie erleben, wie die Verfügbarkeit (oder Knappheit) eines bestimmten Snacks dessen "Beliebtheit" und damit den Tauschwert beeinflusst.
- Diskussion und Reflexion: Nach dem Tauschprozess führen Sie eine Diskussion über die Erfahrungen der Kinder. Fragen Sie sie, warum sie bestimmte Tauschentscheidungen getroffen haben und was sie über den Wert der getauschten Gegenstände gelernt haben. Lassen Sie die Kinder Vermutungen anstellen, warum in der heutigen Zeit Geld anstelle des Tauschhandels verwendet wird.
Geld und Wirtschaft
Die Zeit verstehen
Kinder leben im Hier und Jetzt. Für sie ist Zeit ein abstraktes Konzept, das weder greifbar noch sichtbar ist – von der Gesellschaft geschaffen und nichts Natürliches. Erst im Alter von 5 bis 7 Jahren, also im Zyklus 1, beginnen Kinder allmählich, ein Zeitgefühl zu entwickeln. Mit dem Start in den Kindergarten wird ihr Tagesablauf erstmals durch eine neue Struktur bestimmt. Später lernen die Kinder, die Uhr zu lesen und entwickeln damit ein Gefühl für Zeiteinheiten. Auch die Fähigkeit, Zeitdauern abzuschätzen, ist ein wichtiger Baustein, um Aufgaben effektiv zu bewältigen.
Uhrzeit lernenWie lange dauert eine Minute?
Die Zeit vergeht immer gleich schnell, denn eine Minute dauert immer 60 Sekunden. Je nach Tätigkeit kann das persönliche Empfinden einer bestimmten Zeitdauer jedoch variieren. Diese Erfahrung können Kinder mit der folgenden Aktivität bewusst erleben.
1. Runde: Alle Kinder sitzen im Kreis, in der Mitte steht eine Sanduhr, die genau eine Minute misst. Im ersten Durchgang dürfen die Kinder miteinander reden und Spass haben, bis der gesamte Sand durchgelaufen ist.
2. Runde: Im zweiten Durchgang müssen alle Kinder still auf ihren Stühlen sitzen und zusehen, wie der Sand durch die Uhr rinnt.
3. Runde: Im dritten Durchgang sitzen alle still, diesmal mit geschlossenen Augen, während die Sanduhr läuft. Die Lehrperson gibt Bescheid, wenn die Zeit um ist.
4. Runde: Die Klasse wird in kleinere Gruppen aufgeteilt, die alle die gleiche Aufgabe bekommen, z.B. innerhalb einer Minute so viele Puzzleteile wie möglich zusammenzusetzen, Dominosteine aufzustellen oder den höchsten Turm aus Bauklötzen zu bauen.
Diskussion und Reflexion: Nach den vier Durchgängen diskutieren die Kinder, wie sie die vergangenen Minuten empfunden haben. Sie reflektieren, warum dieselbe Zeitdauer unterschiedlich lang erscheinen kann und was das für ihre alltäglichen Aktivitäten bedeutet.
Zeitliche Orientierung
Die zeitliche Orientierung ist ein komplexes Thema – von Uhrzeiten, Wochentage und Monate, bis zu Jahreszeiten gibt es für Kinder vieles zu entdecken und zu lernen. Im Rahmen des entwicklungsorientierten Zugangs haben wir in Kooperation mit externen Fachexpertinnen zehn Produktempfehlungen erarbeitet. Diese sind speziell darauf ausgerichtet, Kindern das Konzept der Zeit näherzubringen. Zu jedem Produkt bieten wir praxisnahe Anwendungsbeispiele, die auf den unterschiedlichen Spielformen basieren und das Lernen altersgerecht fördern.
Zeitliche OrientierungZeit erfahren
Feste und Rituale
Ostern, Weihnachten, Geburtstage oder Muttertag – diese Feste sind den Kindern bereits vertraut. Doch warum feiern wir überhaupt Feste? Und wie oder was wird an anderen Orten gefeiert?
Feste spielen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft und sind in jeder Kultur tief verwurzelt. Sie stärken die Gemeinschaft und vermitteln ein Gefühl von Struktur, Sicherheit und Zugehörigkeit. Das Kennenlernen verschiedener Feste hilft den Kindern, die kulturelle Vielfalt der Welt zu verstehen und das Bewusstsein für andere Traditionen zu schärfen.
Rituale und JahreslaufEin eigenes Klassenfest organisieren
Um das Thema festlich abzuschliessen, können Sie mit den Kindern ein eigenes kleines Klassenfest organisieren. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, sich aktiv mit den Bestandteilen eines Festes auseinanderzusetzen und zu erleben, wie ein Fest das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse stärken kann.
Vorbereitung: Was feiern wir? Sammeln Sie in der Klasse Festideen, die zur aktuellen Jahreszeit passen, wie zum Beispiel ein Blumenfest, Apfelfest oder Winterfest. Nach der endgültigen Themenwahl planen Sie gemeinsam mit den Kindern, was alles für das Fest benötigt wird und vorher erledigt werden muss wie: Dekorationen basteln, Spiele vorbereiten, passende Verpflegung organisieren, Lieder und Tänze lernen.
Durchführung: Am Tag des Festes helfen alle Kinder beim Aufbauen und Dekorieren des Klassenraums. Das gemeinsame Erleben und die Freude an der aktiven Gestaltung des Festes stehen dabei im Vordergrund. Das Fest wird dann gemeinsam gefeiert, wobei die Kinder ihre vorbereiteten Aktivitäten präsentieren und zusammen Spass haben. Am Ende helfen alle wieder beim Aufräumen.
Diskussion und Reflexion: Führen Sie nach dem Fest eine Reflexionsrunde durch, in der die Kinder ihre Erinnerungen und Erfahrungen teilen: Was haben sie beim Organisieren des Fests gelernt? Wie fühlten sie sich während des Fests und was war das Highlight? Was hat das Fest mit der Klassengemeinschaft gemacht?
Diese Reflexion hilft den Kindern, das Erlebte zu verarbeiten und den Wert ihrer eigenen Beiträge sowie die Bedeutung von Gemeinschaft und Feiern zu erkennen.
Verkehr und Mobilität
Verkehr und Mobilität sind zentrale Bestandteile unserer modernen Gesellschaft. Um zu verstehen, wie unterschiedliche Transportarten unser tägliches Leben, die Wirtschaft und die Umwelt beeinflussen müssen Kinder die verschiedenen Fortbewegungsmöglichkeiten zuerst kennenlernen.
Auch das Thema Verkehrsbildung ist im Zyklus 1 essenziell, um Kindern frühzeitig ein sicheres Verhalten im Strassenverkehr und somit auf dem Schulweg zu vermitteln.
VerkehrZuordnungsspiel: Verkehrs- und Transportmittel
Wie gelangen Menschen und Güter von einem Ort zum anderen? Die Welt der Transportmittel ist vielfältig und reicht vom öffentlichen Nahverkehr bis zu globalen Warentransporten und privaten Fahrzeugen. Ein Zuordnungsspiel kann Kindern helfen, die Vielfalt und spezifische Nutzung dieser Verkehrsmittel zu verstehen.
Vorbereitung: Erstellen Sie Kärtchen, die verschiedene Verkehrsmittel wie Lastwagen, Schiff, Flugzeug, Zug, Fahrrad, Auto, Bus, Trottinett usw. zeigen Die Vielfalt der Karten sollte dem Alter der Kinder angepasst sein und sie dazu anregen, mehr über die Funktionen und Nutzung der Transportmittel zu lernen.
Durchführung: Teilen Sie die Klasse in kleinere Gruppen auf, um eine effektive Zusammenarbeit und Diskussion zu fördern. Geben Sie nun den Gruppen die Aufgabe, die Karten nach vorgegebenen Kriterien zu sortieren.
Mögliche Kategorien sind:
Verkehrswege: Strasse, Schiene, Wasser, Luft
Die Kategorien können altersgerecht ausgewählt werden und bieten eine hervorragende Grundlage für Diskussionen über Technologie, Umweltbewusstsein, Gesellschaftsstrukturen und physikalische Gesetzmässigkeiten, die mit verschiedenen Transportmitteln verbunden sind.
Nutzungszweck: Warentransport, öffentlicher Verkehr, private Nutzung
Energiequellen: Fossile Brennstoffe, elektrische Energie, manuelle Betätigung
Umweltauswirkungen: Hohe, niedrige oder keine direkten Emissionen
Kapazität: Einzelnutzung, Kleingruppe, Massentransport
Geschwindigkeit: Langsam, mittel, schnell
Reichweite: Kurzstrecke, Mittelstrecke, Langstrecke- Vergleichsprojekt: Welchen Weg legen Bananen von der Ernte bis zum Ladenregal zurück? Welche Transportmittel werden dazu verwendet? Und wie sieht es denn z.B. mit Äpfeln aus? Die Kinder können die für den Weg benötigten Transportmittel mit den Kärtchen auslegen und ihre eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Besprechen Sie gemeinsam Möglichkeiten, wie Transportwege verkürzt werden könnten, z.B. durch regionale und saisonale Produkte, Kauf direkt vom Hofladen.
Diskussion und Reflexion: Führen Sie am Ende des Zuordnungsspiels eine Diskussionsrunde durch, in der die Kinder gemeinsam wiederholen, was sie während des Spiels gelernt haben. Fragen Sie die Kinder nach ihren persönlichen Erfahrungen mit verschiedenen Verkehrsmitteln. Welches Verkehrsmittel benutzen sie am häufigsten, welches am liebsten?
Verkehr und Mobilität
Eine erlebnisreiche Reise endet
Mit diesem Beitrag schliessen wir unsere Blogserie über erlebnisorientiertes Lernen ab. Mit den verschiedenen Themen und Aktivitäten, die wir vorgestellt haben, wollten wir Ihnen einen kleinen Einblick in die unendlichen Möglichkeiten geben, die dieses Lernkonzept bietet. Wir danken allen Leserinnen und Lesern, die uns auf dieser spannenden Reise begleitet haben und hoffen, dass wir Sie dazu inspirieren konnten, erlebnisorientierte Methoden in ihren Unterricht zu integrieren.