Sie hinterfragen das traditionelle, heute noch immer weit verbreitete 7G-Prinzip (gleicher Stoff, gleiches Alter, gleiche Zeit, gleicher Ort, gleiche Lehrperson, gleiche Methoden, gleiche Prüfungen). Weshalb?
„Jeder Mensch ist verschieden und das ist eigentlich etwas Wunderschönes. In der Schule jedoch wird oft erwartet, dass alle Kinder möglichst gleich funktionieren. So lassen sie sich leichter belehren, bewerten und kontrollieren. Unser Schulsystem hat sich in vielen Grundstrukturen seit ihren Anfängen im 20. Jahrhundert kaum verändert.
Zu Beginn der Industrialisierung entstand eine Schule, deren Ziel es war, gehorsame Arbeiter und Soldaten auszubilden. Menschen, die genau ihre Aufgaben ausführten und nichts hinterfragten. Seither haben sich zum Glück viele Dinge zum Besseren gewandelt, wie z.B. der Umgangston oder die physischen Strafen. Aber in vielen Klassenzimmern gilt immer noch: Die Lehrperson sagt, was gemacht wird, und die Kinder folgen und dürfen nicht hinterfragen. Ich weiss, dass das eine sehr pauschale Darstellung ist, und ich bin froh, dass viele Lehrpersonen längst neue Wege gehen. Aber selbst sie stehen oft vor der Herausforderung, wie sie Freiheiten und Kreativität im Unterricht ermöglichen sollen, wenn sie am Ende gezwungen werden, eine Note zu geben, die alle Schülerinnen und Schüler miteinander vergleichen soll.
Doch in Zukunft, bzw. schon jetzt, braucht unsere Gesellschaft andere Kompetenzen. Ich fördere in meinem Unterricht gezielt die sogenannten 6 Cs, also Future Skills: Die Menschen der Zukunft sollen fähig sein, ihre Kreativität (Creativity) zu nutzen, mit anderen zusammenzuarbeiten (Collaboration), mit anderen zu kommunizieren (Communication), Dinge kritisch zu hinterfragen (Critical Thinking), Verantwortung für sich und andere zu übernehmen (Citizenship) und sich in ihrer eigenen Persönlichkeit weiterzuentwickeln (Character).
Kinder müssen nicht mehr alles auswendig lernen, um am Ende ihrer Schulzeit ohnehin den grössten Teil wieder zu vergessen. Viel wichtiger ist, dass sie zu mündigen Menschen heranwachsen, für eine Welt, von der wir nicht sagen können, wie sie in 20 Jahren sein wird. Fachliche Kompetenzen sind dabei nicht unwichtig – aber überfachliche Kompetenzen wie die 6Cs sind entscheidend. Nur lassen sich diese nicht so kontrolliert und schematisch unterrichten. Deshalb müssen wir Schule neu denken – oder, wie es der deutsche Schulleiter Stefan Ruppaner provokativ formuliert: den Unterricht am besten ganz abschaffen.“